Meine Leidensgeschichte zum Thema Stillen ist lang. Und ich habe mir während dieser Zeit eine eigene Meinung übers Stillen gebildet. Wenn du also eine absolute Pro-Stillen Einstellung hast und andere Meinungen nur schwer akzeptieren kannst, solltest du nicht weiterlesen. Ich erzähle nämlich meine Sichtweise zu diesem Thema.
Von Anfang an war für mich klar, dass ich Stillen werde. Ich wollte meinem Kind die beste Basis für ein gesundes Leben geben. Und es ist unumstritten, dass Muttermilch die beste Nahrung für den neuen Erdbewohner ist. Ich war, bin und werde nie eine Hardcore-Stillerin sein. Für mich war also klar, sobald ich wieder arbeiten gehe, ist Schluss damit. Klar, man kann vieles voraus nicht planen. Und Jaël ist mein erstes Kind, dann sowieso nicht. Woher sollte ich vor der Geburt wissen, wie das Stillen so sein wird?
Schon das erste Anlegen nach der (Kaiserschnitt)Geburt funktionierte nicht. Okey, es war alles neu für uns drei (meinen Mann miteinbezogen) und bei vielen Frauen klappt das Stillen auch nicht auf Anhieb. Keine Panik, dachte ich mir (noch). Als beide Brustwarzen am nächsten Tag wund und blutig waren, entschied die Kinderärztin im Krankenhaus Jaël das Zungenbändchen zu schneiden. Sie hatte enorme Mühe mit dem Saugen und ich musste, um eine Infektion vorzubeugen, abpumpen.
Stillen mit Hürden
Zuhause ging das dann immer so weiter. Zu all dem hatte Jaël anfangs nie genug. Ich musste also stillen, abpumpen, Nachschoppen. Das dauerte so ca. zwei Wochen, bis meine Brüste die Milchproduktion aufs Höchste hochschraubten. Die Milch floss nur noch wortwörtlich in Strömen und ein Milchstau jagte nach dem anderen. Mit prallen, hochsensiblen Brüsten quälte ich mich durch den Tag. Aufgrund des hohen Milchflusses war Jaël nicht mehr so scharf auf die Brust und machte jeweils drei bis vier Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten. Ab der vierten Lebenswoche schlief sie in der Nacht meist so fünf Stunden am Stück, was meiner Brustsituation nicht gerade ein Gefallen tat. Andere Mütter würden bei einem so gut schlafenden Kind Luftsprünge machen. Ich zwar auch, aber mit einem faden Nachgeschmack.
Ich möchte mich nicht über die Schlafsituation beklagen. Mir ist bewusst, welch ein Glück wir haben. Nichts desto trotz produzierten meine Brüste immer mehr Muttermilch. Abpumpen durfte ich laut meiner Frauenärztin nicht mehr, um die Produktion nicht weiter anzukurbeln. Ich hätte locker noch drei weitere Kinder ernähren können. Für Jaël war die Milchbar jederzeit geöffnet und sie durfte sich bedienen so oft sie mochte. Es war immer genug da. Doch die Brüste wurden immer praller und schmerzhafter. Der Milchstau war bereits so stark, dass man die Buckel auf der Brust abstehen sah. Die Angst vor einer Brustentzündung war gross und der Gang zum Frauenarzt nicht einmalig.
All die im Internet empfohlenen Hausmittel halfen nichts. Von Salbei-/Minzentee über Wickel bis hin zu Milchstaucremes waren alle Versuche auch über einen längeren Zeitraum erfolglos. Ich bekam also ein Medikament, das die Milchproduktion etwas hemmen soll. Ich war erleichtert, eine Lösung für mein Problem gefunden zu haben. Dachte ich mir, denn nach nur einer Woche ging der Spuck wieder von vorne lose.
Nur ein Ausweg löste das Problem
Ich war am Ende. Nervlich wie auch schmerzlich konnte ich nicht mehr. Zu all dem habe ich die Freude am Stillen verloren. Das Ansetzen war mittlerweile der blanke Horror und ich tat das alles nur für Jaël. Ich wusste, wie wichtig die Muttermilch für sie ist. Regelmässig war ich im Austausch mit meiner Frauenärztin und der Stillberaterin. Letztere riet mir, aufgrund meiner Wiederaufnahme meiner Arbeit, langsam eine Stillmahlzeit mit Schoppen zu ersetzen. Natürliches Abstillen war das Ziel. Denkst du! Dies ging nur ein paar Tage gut, bis die Brüste gefühlt kurz vor dem Platzen waren. Notfallmässig musste ich dann wieder zu meiner Frauenärztin, die in der ganzen Still-Geschichte keinen Sinn mehr sah. Nicht nur sie, sondern ich auch. Und natürliches Abstillen war kein Thema mehr. Ich bekam also ein Medikament, um sofort abzustillen. Von einem Tag auf den anderen.
Ich brauchte ein paar Tage Zeit, um mich endgültig für diesen Schritt zu entscheiden. Mir war bewusst, dass ich ihn nicht mehr rückgängig machen konnte. Wenn du jetzt denkst, dass diese Geschichte schon den Höhepunkt erreicht hat, dann irrst du dich. Die schmerzenden Brüste waren steinhart und mir ging es zwei Tage lang ziemlich schlecht. Nicht nur, dass ich emotional etwas mitgenommen war, sondern die Schmerzen waren kaum auszuhalten. Danach wurde es von Tag zu Tag besser, bis nach etwa zwei Wochen die Brüste leer waren. Ein wahnsinnig schönes Gefühl, endlich schmerzfrei zu sein. Und woran ich vorher überhaupt nicht dachte: wie schön es wieder ist, unabhängig zu sein.
Wie empfand das Jaël?
Ganz ehrlich? Ihr war es scheissegal. Hauptsache es gibt etwas zu essen. Jaël war sich den Schoppen schon gewohnt und ob Flasche oder Brust, schien ihr völlig egal zu sein. Besonders Bangen hatte ich vor der abendlichen Stillroutine. Sie brauchte die Brust um einzuschlafen. Doch schnell merkte ich, dass es ihr egal ist, ob sie die Brust oder Flasche bekommt. Wichtig war ihr, dass sie bei mir ist. Mir fiel in diesem Moment ein Stein vom Herzen und ich war wieder einmal mehr dankbar. Dankbar, dass Jaël ob bewusst oder unbewusst, verstand, dass Abstillen die beste Entscheidung für mich war. Sie akzeptierte das, als hätte ich ihr heute einen gelben statt blauen Body angezogen.
Ich weiss, dass dieser Weg steinig und holprig war. Und manch eine Mutter hätte es anders gemacht. Aber ich musste egoistisch denken, um Frieden zu schaffen. Frieden für mich, meinem Baby und unserer kleinen Familie. Eins steht aber fest: Sollte es ein Geschwisterchen für Jaël geben, werde ich es bestimmt nochmals mit dem Stillen versuchen. Da bin ich mir ziemlich sicher.
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